Der Wallace-Brunnen aus Paris um 1870

Sir Richard Wallace (1818 – 1890), ein britischer Kunstsammler, der einen wesentlichen Teil seines Lebens in Paris verbrachte, machte es sich nach der Belagerung von Paris von 1870-1871 und den Wirren der Commune zur Aufgabe, die Wasserversorgung der Bevölkerung zu verbessern. Zahlreiche Wasserleitungen waren zerstört und der hohe Wasserpreis ins Uferlose gestiegen. Viele waren mittellos und hatten keinen Zugang zu kostenlosem Wasser.

Wallace, recht vermögend, wollte die Bevölkerung an seinem Vermögen teilhaben lassen und beauftragte einen ihm bekannten Bildhauer, Charles-Auguste Lebourg, mit dem Entwurf von Brunnen, die 

  • benutzerfreundlich und zugleich ästhetisch,
  • groß genug, um von Weitem erkennbar zu sein,
  • erschwinglich für eine größere Stückzahl,
  • robust, leicht zu verarbeiten und pflegeleicht

sein sollten.

 

Lebourg erarbeitete drei Modelle: ein großes Modell mit Sockel und Frauenfiguren, ein Wandmodell und eine einfache Säule.

 

Die Ausführung übernahm die Gießerei Val d‘Osne im Département Haute-Marne, nahe Saint-Dizier, wo seinerzeit ein Zentrum dieser Kunst lag. Dieses Unternehmen wurde später von der GHM Antoine Durenne aufgekauft, die bis heute in Sommevoire (Haute-Marne) die Produktion fortsetzt.

 

Die Installation und Inbetriebnahme des ersten Brunnens erfolgte um 1872 und war ein großer Erfolg, der konkurrierende Gießereien zu zahlreichen Nachbildungen inspirierte.

 

Auch heute noch stehen funktionierende Brunnen zum Beispiel in Paris, Bordeaux, Marseille und Montreal (Kanada).

Ein Wallace-Brunnen kommt nach Burscheid

Wallace Brunnen Paris Burscheid historisch Gartenbauverein Burscheid

Der Burscheider Fabrikant Albert Richartz-Bertrams entdeckte den Brunnen auf seinen Reisen um 1900 in Paris. Er ließ ein großes Modell des Brunnens nach Burscheid bringen. Seinen ersten Standort hatte der Brunnen gegenüber seiner Villa am Luchtenberg-Park.

 

Danach stand der Brunnen an der Ecke Höhestraße/Altenberger Straße, bis er 1965 durch einen LKW-Unfall zerstört wurde. Was von ihm übriggeblieben war, schenkte die Stadt der Burscheider Bürgerin Frau Anita Peters, die die Reste bewahren wollte. Nach ihrem Tod waren die Erben bereit, den erhalten gebliebenen Teil des Brunnens dem Obst- und Gartenbauverein zu schenken.

 

Wallace Brunnen Gartenbauverein Burscheid Restauration Sanierung

Der Verein begann mit umfangreichen Recherchen in der Schweiz und in Frankreich, um mithilfe diverser Historiker und dem Goethe-Institut in Paris sowohl originale Konstruktionspläne zu finden als auch eine Kunstgießerei in der Region Champagne-Ardenne ausfindig zu machen, die die fehlenden Teile ergänzen konnte: die Gießerei GHM.

 

Ermöglicht wurde das Projekt insbesondere mit der Unterstützung der Burscheid-Stiftung der KSK Köln.

Wallace Brunnen Gartenbauverein Burscheid Paris

2003 wurde der liebevoll renovierte Brunnen unter dem damaligen Vorsitzenden Manfred Rottländer mit schwerem Gerät zeitgleich mit dem 100- jährigen Bestehen des Vereins auf dem Sparkassenvorplatz aufgestellt.

 

Mitbeteiligt war hier auch der Solinger Restaurator Hans-Georg Hartke.

 

Die Strom- und Wasserversorgung erfolgt durch die Kreissparkasse Köln.

 

Während des Umbaus des Sparkassenvorplatzes wurde der Brunnen sicher verwahrt und hinterher wieder aufgestellt.

Gartenbauverein Burscheid Wallace Brunnen

Im Herbst wird das Wasser zum Schutz der Leitungen vor Frost ab- und im Frühjahr wieder angestellt.

 

 

 

 

Der Burscheider Wallace-Brunnen im Detail

Wallace Brunnen Gartenbauverein Burscheid Sparkassenplatz

Es handelt sich bei unserem Brunnen um das große Modell, hat eine Höhe von ca. 2,90 Metern und wiegt 499 Kilogramm. Das Material ist Gusseisen.

 

 

Auf dem Sockel aus acht Teilelementen stehen vier mit einem lockeren Gewand bekleideten Frauengestalten, die die Kuppel tragen, sogenannte Karyatiden. Rücklings einander zugewandt stützen die Karyatiden mit gestreckten Armen eine delphinverzierte Kuppel, die von einer Spitze gekrönt wird. 

Wallace Brunnen Gartenbauverein Burscheid

Die vier Karyatiden verkörpern die Güte (bonitas), die Einfachheit (simplicitas), die Nächstenliebe (caritas) und die Genügsamkeit (sobrietas). Sie alle unterscheiden sich voneinander, sei es durch die Position ihrer Knie und ihrer Füße, oder durch die Art, wie die Oberteile ihrer Tuniken geknüpft sind. 

Wallace Brunnen Gartenbauverein Burscheid

Die „Einfachheit“ und die „Genügsamkeit“ halten die Augen geschlossen; die Augen der „Güte“ und der „Nächstenliebe“ sind geöffnet. Als Sinnbilder der vier Jahreszeiten verkörpert die Einfachheit den Frühling, die Nächstenliebe den Sommer, die Genügsamkeit den Herbst und die Güte den Winter.

Wallace Brunnen Burscheid historisch Gartenbauverein Burscheid Gießerei Frankreich

Auf dem Sockel:

 

Der Name des gestaltenden Bildhauers Charles Lebourg

 

 

 

 

 

 

Die ausführende Gießerei GHM

 

 

Dieser weltweit bekannte Brunnen ist das einzige Exemplar in Deutschland!